Die Geschichte von Sunday Silence – von Japan aus zum einflussreichen Vererber weltweit

Es ist noch nicht allzu lange her, da wurden die japanischen Züchter und Besitzer noch belächelt, aber das hat sich in den letzten Jahren grundlegend geändert. Immer mehr ihrer Pferde laufen in den ganz großen Prüfungen nach vorne und gewinnen bedeutende Rennen.

Das Coolmore Stud der Familie Magnier hat diesen Trend bereits erkannt und vorgesorgt, ihr junger Deep Impact-Sohn Saxon Warrior profilierte sich als klassischer Sieger und ist als Nachwuchsbeschäler bereits als Gruppe I-Sieger bewährt. Ein ganz bedeutender Erfolg in diesem Jahr gelang dem in Japan bereits als zweifacher Gruppe I-Sieger bewährten Kitasan Black-Hengst Equinox, der in brillanter Weise seine Gegner im Dubai Sheema Classic düpierte.

Equinox Vater Kitasan Black ist ein Sohn des Sunday Silence-Hengstes Black Tide, seinerseits ein Vollbruder des japanischen Triple Crown-Siegers und vielfachen Champion-Deckhengstes Deep Impact, der sich nicht nur in Japan, sondern auch weltweit als Top-Vererber erwiesen hat. Er stellte insgesamt 155 Gruppesieger, 59 davon sind als Gruppe I-Sieger profiliert. Deep Impacts Mutter ist die Alzao-Stute Wind In Her Hair. Die 1991 gezogene und immer noch lebende Alzao-Tochter ist hierzulande als Siegerin im Aral-Pokal bekannt und interessiert als Enkelin der Klassestute Highclere aus der Zucht von Queen Elizabeth II von England.

Der Ursprung zu all diesen Erfolgen dieser Hengstlinie kommt aus den USA, heißt Sunday Silence und gewann 1989 das Kentucky Derby. Es sollte übrigens darauf hingewiesen, dass Equinox und auch der 2022 als Gruppe I-Sieger profilierte Auguste Rodin ganz im Typ von Sunday Silence stehen, bis hin zu der unregelmäßigen, lang heruntergezogenen Blesse. So ist es sicher an der Zeit einmal ein näheren Blick auf die Geschichte von Sunday Silence zu werfen.

Am 25. März 1986 wurde auf der Claiborne Farm in Kentucky ein schwarzbrauner Hengst geboren. Als Züchter des ersten lebenden Fohlen aus der erstklassigen Rennstute Wishing Well zeichneten Oak Cliff Thoroughbreds Ltd. Wishing Well konnte im Verlaufe ihrer Rennlaufbahn zwölf Rennen für sich entscheiden, darunter auf höchster Ebene das Gamely Handicap. Sie war der mit Abstand beste Nachkomme des Stuyvesant Handicap-Siegers Understanding, einem Sohn des soliden Vererbers Promised Land aus einer Tochter des eisenharten Stymie, wobei es sich hierbei um eine Stutenlinie der legendären Calumet Farm handelt. Wishing Well selbst lässt sich in direkter Linie auf die English 1000 Guineas-Siegerin Cinna als Enkelin der Stammstute La Fleche zurückführen. Cinna ist besonders als Mutter des in Australien und Neuseeland hoch erfolgreichen Vererbers Beau Pere in Erscheinung getreten.

Als Vater des jungen Sunday Silence zeichnete der auch zu diesem Zeitpunkt bereits als Champion-Deckhengst bewährte Hail To Reason-Sohn Halo, der mütterlicherseits vor allem als Nachkomme der Cosmic Bomb-Stute Cosmah interessiert, die ihrerseits eine Halbschwester zu Northern Dancers Mutter Natalma ist. Der junge Hengst war seinem Vater wie aus dem Gesicht geschnitten. Er war im November 1986 sehr gut entwickelt, so dass man sich entschloss ihn auf den November Sales anzubieten. Leider verletzte sich der temperamentvolle Youngster auf dem Transport, so dass er unverkauft zum Gestüt zurückkehrte.

Als Jährling verletzte er sich nochmals am rechten Fesselkopf was eine minimale Deformierung zur Folge hatte. Er verließ auch als Jährling unverkauft den Ring, zu diesem Zeitpunkt zeichnete es sich bereits deutlich ab, dass er auch das zuweilen schwierige Temperament seines Erzeugers geerbt hatte. Zweijährig ging der junge Hengst mehrheitlich in den Besitz von Arthur B. Hancock III über, der ihn zu Charlie Whittingham mit dem Spitznamen „The Bald Eagle“ überstellte. Whittingham war ein in jeder Beziehung großer Mann, der es meisterhaft verstand den inzwischen auf den Namen Sunday Silence registrierten Halo-Sohn zu trainieren und motivieren.

Sunday Silence kam zweijährig dreimal an den Start und gewann beim zweiten Anlauf. Über den Winter hatte man eine gute Meinung von Sunday Silence, aber das Derby war noch in weiter Ferne. Dreijährig jedoch ging der Stern von Sunday Silence richtig auf. Er empfahl sich mit Siegen im San Felipe Handicap und Santa Anita Derby nachhaltig für den „Run For The Roses“ Der Tag des Kentucky Derbys 1989 war einer der kältesten und ungemütlichsten in der gesamten Geschichte dieses Großereignisses. Nur einer Viertelstunde vor dem Start begann es sogar zu schneien. Das Rennen selbst markierte den Beginn eines erbitterten Duells zwischen Sunday Silence und dem Alydar-Hengst Easy Goer, welches durchaus Parallelen zu Affirmed und Alydar in 1978 aufwies. Sunday Silence konnte das Kentucky Derby mit knappem Vorteil über Easy Goer für sich entscheiden. Das gleiche Bild bot sich zwei Wochen später in den Preakness Stakes, dem zweiten Rennen der Triple Crown. Drei Wochen danach drehte Easy Goer den Spieß in den Belmont Stakes um und vereitelte den Traum der Triple Crown.

Sunday Silence konnte in 1989 noch das Super Derby in bester Gesellschaft für sich entscheiden bevor die beiden Erzrivalen im Breeders’ Cup Classic erneut aufeinander trafen. Der erbitterte Zweikampf auf der Zielgeraden ist sicher noch jedem Besucher in Erinnerung, wobei Sunday Silence zum Schluss die sprichwörtliche Nase vorn hatte. Obwohl ihm die Fesselkopf-Verletzung gelegentlich Probleme bereitete, blieb Sunday Silence auch vierjährig im Training. Er gewann auf oberstem Level die Californian Stakes und war jeweils Zweiter im Hollywood Gold Cup und den Swaps Stakes. Insgesamt kam Sunday Silence bei vierzehn Starts auf neun Siege und fünf zweite Plätze. Acht seiner Erfolge verbuchte er in Graded Stakes Rennen, davon sieben Mal auf höchster Ebene. Dabei verdiente er 4.968.554 Dollar.

Falls man nun glauben sollte, dass es ein leichtes sein würde ein solch erfolgreiches Rennpferd zu vermarkten, so war diese Annahme falsch. Es gelang Hancock nicht Sunday Silence in den USA zu syndikatisieren. Bereits 1990 hatte der japanische Züchter Zenya Yoshida 25% von Sunday Silence erworben. Nun kaufte er auch die restlichen Anteile auf und stellte den Halo-Sohn auf seiner Shadai Stallion Station in Hakayita auf der Insel Hokkaido als Deckhengst auf.

Werfen wir doch einmal einen näheren Blick auf den genetischen Aufbau von Sunday Silence. Sein Vater Halo entstammt einer im Hinblick auf erfolgreiche Deckhengste sehr erfolgreichen Mutterlinie und ist ein Vertreter der Royal Charger-Hengstlinie des Mannesstammes von Nearco. Darüber hinaus führt Halo die als Mutter solcher Spitzenvererber wie Sir Gallahad und Admiral Drake bewährte Plucky Liege 6×6 in seinem Pedigree und ist zudem 4×4 auf den einflussreichen Blue Larkspur ingezogen. Halo stellte zudem mit Southern Halo in Südamerika sowie Saint Ballado und Devil’s Bag zwei weitere sehr einflussreiche Vererber.

Sunday Silences Mutter war eine sehr gute und harte Rennstute aus einer in den nächsten Generationen nicht gerade spektakulären Mutterlinie, die aber in ihrem Ursprung zu den besten Familien im englischen Stud Book zählt. Sunday Silence selbst weist in seinem genetischen Aufbau ebenfalls mehrere Konzentrationen auf. Besonders erwähnenswert erscheint in diesem Zusammenhang zum einen die Tatsache, dass er frei von Northern Dancer-Blue ist, wobei sein Vater Halo wie Northern Dancer auf die grandiose Mahmoud-Stute Alamahmoud zurückgeht. Darüber hinaus taucht Hyperions Mutter Selene als zweite Top-Mutterstute ebenso wie der brillante Triple Crown-Sieger und Vererber Mahmound jeweils 5-6 in Sunday Silences Pedigree auf.

Dazu muss noch gesagt werden, dass Hyperion und seine Mutterlinie eine tragende Rolle in der Entwicklung der australischen und neuseeländischen Zucht spielt. Über seinen Sohn Star Kingdom begründete Hyperion „down under“ einen heute noch florierenden Mannesstamm. Auch entstammt der neuseeländische Spitzenvererber Sir Tristram der gleichen Mutterlinie wie Hyperion, seine dritte Mutter All Moonshine ist eine Dreiviertelschwester zu Hyperion. Dazu kommt die eingangs erwähnte Tatsache, dass der aus der gleichen Mutterlinie wie Sunday Silence stammende Beau Pere als Deckhengst einen Riesenerfolg war. Für die deutsche Zucht sei noch erwähnt, dass Beau Pere den Dark Ronald-Sohn Son-In-Law zum Vater hatte.

Da die japanische Zucht neben europäischen und amerikanischen Linien auch sehr viel auf australischem und neuseeländischem Blut basiert, kommt der phänomenale Erfolg von Sunday Silence wohl auch nicht so ganz von ungefähr. Er wurde 1991 zu einer Decktaxe von 5 Millionen Yen aufgestellt, die sich im Laufe der Jahre vervielfachte. 1994 war er Co-Champion der Beschäler mit dem ersten Jahrgang. Seit 1995 belegte er dann in ungebrochener Folge bis heute den Titel des Champion-Deckhengstes in Japan, zum Teil mit gewaltigem Vorsprung.

Sunday Silences Nachkommen haben bis heute weltweit fast 90 Millionen Dollar zusammengaloppiert. Von seinen allerbesten Nachkommen dürfen neben dem Triple Crown-Sieger und Top-Vererber Deep Impact die Ausnahmestute Dance Partner, der ungeschlagene Zweijährigen-Champion Bubble Gum Fellow, die Derbysieger Agnes Flight, Admire Vega, Tayasu Tsuyoshi und Gold Allure sowie die weiteren klassischen Sieger Marvellous Sunday, To The Victory, Air Shakur, Stinger, Dance In The Dark, Cheers Grace, der hocherfolgreiche Nachwuchsbeschäler Fuji Kiseki, Mejiro Bailey, Stay Gold, Special Week, der eben genannte Manhattan Cafe, Rosen Kavalier, Silent Hunter, Fusaichi Airedale, Silence Suzuka, Ishino Sunday, Saikyo Sunday, Mejiro Bailey und Agres Tachyson nicht unerwähnt bleiben. 18 seiner als Deckhengst aufgestellten Söhne sind bisher als Gruppe I-Vererber bewährt, allen voran sein eingangs bereits erwähnter Sohn Deep Impact.

Anfang 2002 plagte Sunday Silence zunehmend eine Infektion an der rechten Hinterhand. Er wurde mehrfach in der Klinik operiert, aber sein Zustand besserte sich nicht. Schließlich kam eine akute Hufrehe hinzu und am 19. August 2002 erlag der Hengst akutem Herzversagen.